Am Samstag auf einem anscheinend typisch russischen Ausflug: acht Stunden unterwegs (mit U-Bahn, Bahn, Bus, zu Fuss) um sich dann 15 Minuten in der schoenen russischen Landschaft (Felder, Hochspannungsleitungen..) niederzusetzen. ....zwischendurch habe ich mich schon oefters gefragt, was zum Teufel mich eigentlich dazu bringt, ausgerechnet in DIESES Land zu fahren. Aber die Russen, mit denen ich unterwegs war, waren cool, von einer unzerstorbaren zuversicht in anbetracht eines im grunde fragwuerdigen herumgelatsche in einer trostlosen umgebung: lachen, geplauder, gute laune.

Die Leute hier aber schon sehr "anders" – erstens groesstenteils weiblich (was in Anbetracht der Maenner hier allerdings ein Vorteil ist und wahrscheinlich einer der Gruende, warum es mit Russland nach wie vor vorwaerts geht), die Maenner, so vorhanden, anscheinend am Wochenende vorangig betrunken.....

Am Sonntag auf jeden Fall den ganzen Tag zu hause und geschlafen. Dostojewski gelesen (schon damals aundauernd betrunkene Maenner) und in die russische Seele eingetaucht. Deswegen fasziniert mich dieses Land......

So, die jammerei musste jetzt sein, sonst glaubt ihr schiesslich ich will gar nicht mehr zurueck nach wien (nur noch fuenf wochen...)

.....staubig, heiss, mit schlechter Luft und ohne Gruenflaechen. Endlose U-Bahnschaechte und Strassen, die an Autobahnen erinnern, nur dass sie mitten durch die Stadt gehen (in Moskau kann man auch problemlos mit 100 durch die Strassen bretteln – wenn man freie Bahn findet, 200 Ruble “Trinkgeld” fuer die Polizei reichen vollkommen).

…aus dem Fenster in den Hof des Gemeindebaus geschaut: Polizeikontrolle. Zwei selbstgefaellige Polizisten filzen meinen Nachbarn, einen kleinen, duerren Mittvierziger. Ein kaukasischer Typ: dunkelhaarig, sehning, kein russisches Gesicht Der Pass scheint nicht aus zureichen. Sie durchsuchen seine Tasche, zeigen sich scherzend den Inhalt. Er steht daneben, offensichtlich eingeschuechtert. Der juengere der beiden Polizisten schickt meinen Nachbarn mit einer Kinnbewegung zum Teufel. Sie zuenden sich eine Zigarette an, schlendern zum Auto. Ein Bub mit zwei schwarzen Muellsaecken drueckt sich an ihnen vorbei und eilt zur Maulltonne. Als er zureuckkommt, beugen sich die Polizisten ueber die offene Motorhaube. Diesmal beachten sie ihn kaum. Mit angezogenen Schultern laeuft er zum naechsten Hauseingang. Es ist 11.30.

16 Uhr: Mein Nachbar biegt gerade von der Strasse in den Hof ein. Er geht unsicher. Schwankt. Vor dem Hauseingan bleibt er stehen und kramt in seiner rechten Hosentasche. In der linken Hand ein weisses Plastiksackerl. Leicht zureuckgebeugt, das Kinn an die Brust gedrueckt starrt er auf seine Hand, sucht den richtigen Schluessel. Aus seiner linken Hosentasche schaut der Hals einer Bierflasche. Beinahe stolpert er ueber die Schwelle ins Stiegenaus.

Das heisst wochenende: weggehen in Moskau (das heisst fuer mich heute konkret: mit einer baltika im alexandrowski cad, also alexandergarten, dann spazieren am newski prospekt und dann in die heia und schlafen, schlafen, schlafen......exzessives nachtleben sicher erst morgen.....

am wochenende: mit russinnen auf einen see tretbootfahren, holla, und dann endlich das lesen, worauf ich lust habe, bericht folgt dann am montag....

Zuerst einmal zu meiner Arbeit hier: derzeit super interessant: bond issues, loan syndications…..und ziemlich beeindruckende summen und projekte, die damit finanziert werden. Dazu noch entsprechende fachliteratur – banken, finanzmaerkte, volkswirtschaftliche rahmenbedingungen – alles was mein herz begehrt. Haette nie gedacht, dass mir das SO taugt (wo ich doch urspruenglich schriftstellerin werden wollte und nicht bankerin….zumindest in anbetracht der finanziellen erfolgswahrscheinlichkeit sollte ich mir das banking vielleicht doch ernsthaft ueberlegen……)

Zu Moskau:

Hitzewelle – die Leute beschweren sich laufend ueber den klimawandel, den man in moskau angeblich besonders stark merke: keine kalten winter mehr und extrem heisse sommer (gestern 30 grad – um 20.30!).

Warueber Moskau spricht (abgesehen von der hitze): sommerschlussverkauf, feriendestinationen (in der regel die datscha), den flugzeugabsturz ueber dem bodensee (schon wieder die schweizer!) und den amerikanischen unabhaengigkeitstag. Die russInnen, ueber die am meisten in zeitungen berichtet wird…..laut ranking:
putin,
majfert (schreibt man das so?),
kurnikova,
jelzin,
gorbatschov
(Quelle: "Wlast", was so viel heisst wie "Macht", Business-Weekly)

Arbeite zu Zeit bei der RZB im Moskau. Investmentbanking. Derzeit noch nicht viel zu tun (Praktikantendasein).

Dafuer war ich gestern auf der Praesentation eines Bond Issues eines russischen Telekom Unternehmens.

Soviel dazu: nach einer Fahrt im Auto des Chefs der Investmentbankingabteilung durch das nachmittaeglich-heisse Moskau (dazu franzoesische Chansons im Radio), Ankunt im Hotel. 5 Sterne wie es sich fuer einen solchen Anlass anscheinend gehoert. Anwesend: die Financial Community Moskaus. Ich vollkommen fehl am Platz, starre krampfhaft in Finanzinformationen auf Russisch, die ich ohnehin nicht verstehe, klammere mich verzweifelt an meinem Glas Wasser (!) an und vergehe vor Dankbarkeit, als mich ein russischer Analyst anquatscht (klein, dick, schwitzend, Brille– sorry fuer das Klischee!), mir eine viertel Stunde auf Russisch-Englisch ueber die Eigenkapitalstrukur russischer Unternehmen und Banken erzaehlt, um mir dann mit bedeutungsvollem Blick seine Telefonnummer zu geben…..fuer den Rest des Nachmittags habe ich mich dann ins Buffet und mein Glas vertieft, von dem ein anderer Banker offenherzig meinte: You know, it”s not that we do not already know all this financial information…but just look at the food….”

Zeit zu beobachten (allerdings nur die Branche, leider noch nicht Moskau):
Warum man also unbedingt Investmentbanker werden sollte / Teil 1:

1. Man spart Heizkosten, da man sowieso nur zum Schlafen nach Hause kommt

2. Man kann eine repraesentative Sammlung von Visitenkarten anlegen (siehe auch : American Psycho)

3. Man erspart sich die Frage “Und was ziehe ich heute an?”…..
4. Einkaufen von Lebensmitteln im grossen Stil eruebrigen sich ebenfalls, da man – so man will und Zeit hat - regelmaessig zu Veranstaltungen eingeladen wird

...hat vorerst einmal ein Ende. Bin seit gestern frueh in Moskau, nachdem ich insgesamt DREIMAL am Flughafen war:

das ERSTE Mal, um festzustellen, dass man mir auf der Botschafte in Visum ab 1. Juli ausgestellt hatte, anstatt wie vereinbart ab 30.Juni (und ich ausserdem zu bloed war, dass ganze VOR meiner fahrt auf en flughafen zu konrollieren)

das ZWEITE Mal, um zu erfahren, dass der flug, auf dem manmir mit "90 prozentiger wahrscheinlichkeit" (o-ton service center) einen platz versprochen hat, vollkommen ueberbucht ist

das DRITTE Mal, um nach langem Zittern (der Flug war schon wieder ueberbucht) doch in lezter minute mitfliegen zu koennen (war schon auf einen flug ueber franfurt und ankunft in moskau 5 uhr frueh gefasst)

der trost eines vielgereisten freundes "willkommen in russland, falls du noch in den naechsten tagen hinkommst".... ausserdem, so meinte, er sind es diese erlebnisse, aus denen man lernt, nach denen man sagen kann "mit allen wassern gewaschen zu sein" (apropos wasser: in der wohnung, in der ich mit einer russischen studentin - unglaublich nett, sympathie von der ersten sekunde weg - wohne, gibt es nur kaltwasser, aber eigentlich ist das im sommer gar nicht schlimm, wir westler sind im grunde verdammt verwoehnt....und verweichlicht wuerden die russen sagen *g*

habe bei der arbeit leider keinen regelmaessigen internetzugang und muss mir fur "draussen" erst eine netykarte besorgen.....werde aber sobald das organisiert ist, meine drohung wahr machen und TAEGLICH berichten (fuer all jene, die in der letzten woche vergeblich in mein weblog geschaut haben) ....wird ein bissl auf kosten der emails gehen, aber man muss im leben prioritaeten setzen.....;-)